In der Presse #18

Liberale Gemeinde
fordert Millionen

17. August 2005

Jüdischem Landesverband droht Insolvenz - Muss Land jetzt haften?

Halle/MZ/stk. Es donnern mehr und mehr schwere Geschütze im Finanz-Zwist zwischen den jüdischen Gemeinden im Lande. Neun Monate nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Magdeburg, nach dem die liberale Synagogengemeinde in Halle an den Staatsleistungen für die jüdischen Gemeinschaft beteiligt werden sollte, droht den drei orthodoxen Gemeinden und ihrem Landesverband jetzt die Insolvenz.

"Wir hatten über Jahre eine Schafsgeduld", sagt Karl Sommer, Chef der Synagogengemeinde. Am Ende habe man zwar gewonnen. "Aber wir haben bis heute keinen Euro gesehen." Stattdessen werde "ständig gefordert, wir sollten Nachweise erbringen". Das aber sei nach dem OVG-Urteil nicht nötig.

Nach mehreren ergebnislosen Verhandlungsrunden will Sommer nun Ernst machen. Bereits vor Wochen hatte die Synagogengemeinde die Landesregierung auf die Konsequenzen ausbleibender Zahlungen aufmerksam gemacht. Man werde die geschuldeten Gelder in Höhe von zwei Millionen Euro zwangsweise eintreiben. Habe das keinen Erfolg, folge ein Insolvenzantrag gegen Landesverband und Mitgliedsgemeinden. Nach Ansicht der Anwälte der Synagogengemeinde müsste das Land dann für die Millionen-Summe haften.

Darüber hinaus behält sich die Synagogengemeinde strafrechtliche Schritte vor. "Es handelt sich um einen Fall von Unterschlagung", glaubt Sommer. Über Jahre sei das Risiko eines Urteils, das seine Gemeinde an den Staatszahlungen beteilige, bekannt gewesen. "Dennoch hat man keine Rücklagen gebildet." Auch das Land habe nicht darauf hingewirkt, dass Geld beiseite gelegt wurde.

"So lange nicht Doppelmitgliedschaften ausgeschlossen sind", sagt Max Privorozki, Vorsitzender der Gemeinde Halle, "kann nicht gezahlt werden." Es müsse eine Formel geben, nach der die Ansprüche der Einzel-Gemeinden berechnet werden. "Diese Fragen müssen geklärt werden." Die Hoffnung darauf hat man im Kultusministerium noch nicht aufgegeben. Ein Vorschlag des Ministeriums liege auf dem Tisch, sagt Sprecherin Brigitte Deckstein. In der nächsten Woche sollen die Verhandlungen fortgesetzt werden.

Quelle:
Mitteldeutsche Zeitung vom 17. August 2005


 

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