01. Februar 2023
nach dem jüdischen Kalender der
10. Schwat 5783

Der Reformjudengemeinschaft Sachsen-Anhalts

Notabene für Februar 2023 / 5783

 

Die monatliche Bibel–Rundschau

2BM 23/6

Du sollst das Recht des Armen in seinem Rechtsstreit nicht beugen.

Von einem unlauteren Verfahren sollst du dich fernhalten

Wer unschuldig und im Recht ist,

den bringe  nicht um sein Leben;

denn ich spreche den

Schuldigen nicht frei.

Zefania3/

Ihre Fürsten sind brüllende Löwen.

Ihre Richter sind wie Wölfe

in der Steppe,

die bis zum Morgen keine Knochen

mehr übriglassen.

Ihre Propheten sind freche Betrüger.

Ihre Priester entweihen das Heilige

und tun Gewalt dem Gesetz an.

Kohelet 8/

Es gibt gesetzestreue Menschen, denen

es so ergeht, als hätten sie wie Gesetzesbrecher gehandelt; und es gibt Gesetzesbrecher, denen es so ergeht, als hätten sie wie Gesetzestreue gehandelt.

Tora

Aus 3 Dingen steht die Welt

Gottesdienst,

Nächstenliebe,

Gute Tat

Höher als all das steht die gute Tat.

Kohelet 9/1

Wissen ist besser als Macht, aber das Wissen des  Armen gilt nichts,

und niemand will seine Worte hören.

Amos 5/10

Bei Gericht hassen sie den, der zur Gerechtigkeit mahnt, und wer Wahres redet,   den verabscheuen sie.

Baruch 6/72

Besser ist also ein gerechter Mann, der keine Götterbilder hat;

denn  er ist sicher vor dem Gespött.

Jes/16/16:

Schäme dich

den Ellenbogen aufzustemmen beim Mahl,

einen Gruß nicht zu erwidern,

einer Verheirateten nachzuschauen,

den Blick auf eine

fremde Frau zu werfen,

wenn du geschenkt hast, zu schimpfen,

Schäme dich nicht

des Handelns um den Kaufpreis

mit dem Krämer

der häufigen Züchtigung der Kinder

 

 

Im  Februar 2023 / 5783

zur TABULA PUBLICA:

 01. bis 28. Februar 2023 / 5782

 

Synagogengemeinde

zu Halle
Hansastraße 7a
06118 Halle
Telefon 0345-5220272 

 

  Schalom,

  sehr geehrte Damen und Herren,

  liebe Freunde

  und

  liebe Mitglieder,

 

der Monat Januar verabschiedete sich als Monat der Krankheiten. Wen man auch fragte, jeder  klagte über irgendein gesundheitliches Problem.

Hoffen wir, dass nun bald der Frühling uns besseres Wetter beschert und sich  die Gesundheit selbst erholt.

Schulkinder aus der Region meldeten sich schon im letzten Jahr,  sie wollten von der Synagogengemeinde Halle wissen, was Antisemitismus ist und wie Juden darauf reagieren. Die erste Auskunft erschien ihnen zu unscharf oder zu hoch gestochen, sie wollten einfache  Antwort haben. Aber wo findet man angesichts dessen wie mit den Reformjuden umgegangen wird einfache Antworten?

Hier der zweite Versuch einer Antwort, der erste wurde von den Kindern abgelehnt:

 

Synagogengemeinde  zu Halle  n.e.V.

Hansastraße  7 A            *       D -  06118 Halle

Telefon 0345-5220272        *         FAX 9345-5220276

Mitglied    im  Bundesverband   der  Juden   in  Deutschland

Sprecherin der Reformjudengemeinschaft Sachsen-Anhalts

 

Synagogengemeinde zu Halle ue.V., Hansastraße 7a, D-06118 Halle,  Vorsitzender Karl Sommer

 

Liquidierung  1942,    Wiedergründung  26.07.1996

Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! (wird gezielt blockiert)

www.synagogengemeinde.de siehe /NOTABENE
Halle, den 29.01.2023 / 5783

 

 

Wenn Kinder fragen,

was ist Antisemitismus,

woran erkennt man ihn?

 

Nach der Sintflut überlebten nur  Noach mit seinen drei Söhnen Sem, Ham und Japhet und deren Frauen. Aus dieser kleinen Gruppe erwuchs wieder die gesamte Menschheit.

 

Nach Sem werden die Juden genannt > Semiten. Und weil die Semiten in der Bibel von Gott als bevorzugte Gruppe gelten, werden sie von den anderen Kindern Noachs beneidet.

 

 Solange existiert schon Antisemitismus.

 

In der Neuzeit spricht am von Antisemitismus im Allgemeinen, wenn gegen die Religions- und Volksgemeinschaft der Juden offen oder geheim Unrecht, Hass oder Gewalttätigkeit ausgeübt wird.

 

Antisemitismus begegnet uns heute in verschiedenen Formen. Da war der  in der Welt verbreitete Antisemitismus bis weit ins 20. Jahrhundert, dem man in allen Ländern mehr oder weniger heftig antraf, der in Deutschland besonders milde verlief sich dann später hier aber geradezu bösartig zeigte.

 

Nachdem dieser offene Antisemitismus nach Kriegsende verboten wurde, begegnen wir Reform-Juden in der Gegenwart Antisemitismus nunmehr in getarnter Gestalt.

 

Eine Synagoge ist die Kirche der Juden.

 

In die der Reformjuden von Sachsen-Anhalt  wurde eingebrochen. Der /die Diebe wurden nie gefasst.

 

Gräber auf dem  historischen  Reformjuden-Friedhof wurden geschändet. Die Anzeige wurde nicht verfolgt.

 

Die  Thora-Rolle ist das höchste jüdische  Heiligtum.

 

Ein Rabbiner ist im Judentum etwa das, was bei den Christen ein Bischof ist.

 

Die Thora-Rolle wurde uns gestohlen. Sie war zu einem Wert von 28.000 Euro versichert.  Die Allianz-Versicherung zahlte den Schaden nicht aus, weil nachgewiesen wurde, dass die Thora-Rolle  ein Rabbiner entwendet hatte.

 

Wenn gegen uns Reformjuden in Sachsen-Anhalt Straftaten begangen werden, werden diese offiziell nicht verfolgt.

 

Erstatten Antisemiten gegen  Reformjuden Straf-anzeigen, werden  diese von der Staatsanwaltschaft  Magdeburg geradezu übereifrig verfolgt. Die Reformjuden haben dann zu gewärtigen, dass Hausdurchsuchungen in unseren Religionsräumen, Privatwohnungen und PKWs zu sehr früher Tageszeit erfolgen, die Verwaltungsunterlagen beschlagnahmt werden und jahrelang beschlagnahmt bleiben. Dazu erhalten wir hohe Strafen für NICHTS (z.B. drei Monate Haft und 1500 € Geldstrafe dafür, dass auf einem Aufnahmeformular irgendwer bei der Zahl 1997 über die Sieben eine Zwei schmierte). Man versteht es nicht gut, seinen  Antisemitismus gegen Reformjuden zu verbergen. Hier und in einer Vielzahl anderer Fälle, lässt er sich verfolgen.

 

Aber auch der brutale Antisemitismus ist noch nicht überwunden. Einer unserer Jungen war unter seinen Mitschülern sehr beliebt. Als man zufällig erfuhr, dass seine Familie der Reformjudengemeinschaft zugehört, wurde er von seinen Kameraden lebensgefährlich zusammen geschlagen.

 

Es widerstrebt, solche Schicksale zu beschreiben. Der Antisemitismus gegen Reformjuden ist gegenwärtig.  Die Landesregierung hält sich bedeckt, sie tut so, als gäbe es keine Reformjuden. Sie unternimmt nichts, um ihre Landesreformjuden zu schützen. Die Bundesregierung tut ebenso nichts. Sie beruft sich auf „Landeshoheit“ in die sie sich nicht einmischen darf.

 

So, als ob Antisemitismus Landeshoheits-Sache  ist.

Nein, diese Weigerung  hat  wohl tiefere Ursachen.

 V. Abteilung zum

Komplott

Wird nunmehr im nächsten Monat fortgesetzt


 

Cartoons,

(Aus der Mottenkiste und - bewahre - nicht zur Erheiterung, nur diesmal verkürzt, dazu: Man gedenke: Poetis mentiri licet.)

Wie immer Nr. 1:

 

 

 

Aus den Jahreszeiten:

 

Der Winter – 1 -

 

 

Und als Zwischenbericht - aus meiner Sicht

die Fortsetzung kleiner

 

Geschichtchen und Märchen für Singles und Pärchen

 

®   קארל זומר

 

This report was inspired by a tru story.

Some names, places annd dates have been changed

 

Dieser Bericht wurde von einer wahren Geschichte inspiriert.

Einige Namen, Orte und Daten wurden geändert.

 

Hierdie berig is deur 'n ware verhaal geïnspireer.

Sommige name, liggings en datums is verander.

 

דוח זה נוצר בהשראת סיפור אמיתי.

כמה שמות, מיקומים ותאריכים שונו

 

דער באַריכט איז ינספּייערד דורך אַ אמת געשיכטע.

עטלעכע נעמען, ערטער און דאַטעס האָבן שוין געביטן

(der barikht iz inspeyerd durkh a ams geshikhte.

etlekhe nemen, erter aun dates hobn shoyn gebitn)

 

Dit rapport is geïnspireerd op een waargebeurd verhaal.

Sommige namen, locaties en data zijn gewijzigd.

 

Ce reportage est inspiré d'une histoire vraie.

Certains noms, lieux et dates ont été modifiés.

 

Este reportaje está inspirado en una historia real.

Se han cambiado algunos nombres, ubicaciones y fechas.

 

На створення цього звіту надихнула реальна історія.

Деякі назви, місця та дати були змінені

 

Этот отчет был вдохновлен реальной историей.

Некоторые имена, места и даты изменены.

 

(Hier noch mal eine der dutzenden Halb-Chroniken

aus der halleschen Vorzeit)

Fortsetzung

 

 

SAGEN UND LEGENDEN

AUS DEM ALTEN HALLE


D E R   Q U E L L N I X

 

Wäre ich nun nicht älter als ihr alle, die ihr mich kennt oder vielmehr nicht kennt, würde ich diese Schnurre mit einem Späßchen beginnen. Leider, so wollen es die Etikette, ziemt es sich für einen betagten Herrn nicht, jüngeren Leuten Witze vorzuführen, schade also.

 

Da Scherze und Possen nicht erlaubt sind, nehmen wir uns zusammen und versuchen den Stoff dann eben trocken zu schlucken. Nun denn:

 

Eines Tages in grauer Vorzeit, die Hälfte der um Halle herum Lebenden glaubte insgeheim noch an das wilde Heer und die gute Frau Holle, die ja nichts anderes als Freya, die Gemahlin des heidnischen Wodans ist und an die übrigen Naturgeister, die Feen, Melusinen, Nixen, Kobolde, Hexen und Hexenmeister, die die einfachen Menschen beschützen sollten, insbesondere vor jenen, die ja eigentlich deren Beschützer zu sein vorgaben.

 

Und wenn man nur recht fest daran glaubt, erwachen diese Gestalten nicht allein in unserer Phantasie, nein, nein, auch heutzutage werden sie noch gegenständlich. Sie kommen allerdings daher wie ein Nachbar, ein Vorgesetzter, eine Amtsperson oder gar wie ein Ordnungshüter. Nunmehr treiben sie indes allerhand Schabernack, so dass man die Hände über dem Kopf zusammenschlagen möchte. Aber so sind sie nun einmal. Niemand darf daher die Behördenstreiche unseren braven menschlichen Beamten zurechnen, sondern allein jene überirdischen Quälgeister haben all den Unfug zu verantworten, der uns amtsschimmelwiehernd täglich so plagt.

 

***

 

Also, vor Zeiten saßen zur Novemberzeit, jener, während das Wilde Heer über die Lande fegt und Mensch und Tier schier zu Tode erschrecken kann, in einem Wirtshaus unterhalb des Petersberges, der seinerzeit noch Mons Serenus, zu Hallesch Lauterberg hieß und auf dem in den Herzen und Angedenken der Umlebenden germanischen Ursprungs, immer noch der Gott des lebendigen Wassers, des Wetters und der Fruchtbarkeit thronte, der altnordische Hauptgott Donar, diesem, dem das Völkchen hierorts insgeheim bis in die heutige Zeit tief im Herzen treu geblieben ist und ihn verehrt, ihn liebt, mit, besser, nicht ohne ihn lebt. Nun ja, eben dort saßen einige leicht angetrunkene Zecher, Händler und Fuhrleute waren es, raue Gesellen, Haudegen aus vieler Herren Länder und würfelten. Es ging dabei um viel Geld. Die wendisch- wie germanisch- stämmigen Bauern an den Nachbartischen hatten eine solche bunte Gesellschaft, die nur das ungewöhnlich schlechte Wetter an der Weiterreise gehindert hatte, noch nie zuvor gesehen und bekamen ihre Mäuler kaum noch zu.

 

***

 

Der Nix Maium, treuer Gefolgsmann aus dem wilden Heer des Donar vom Lauterberge, Herr vieler kleiner Seen, Quellen und Bäche, gleichwohl nicht gerade mit Reichtum gesegnet, der vorm Jahr mit der Nixe Schönwella Hochzeit gehalten hatte, nachdem er dreihundertundsiebenunddreißig Jahre um sie freien musste, strich gerade durchs Land, um seiner Gemahlin ein Geschenk zum Hochzeitstag zu besorgen. So hatte er eigentlich für derbe Späße keinen Sinn, doch reizte es ihn ein wenig, wie ab und wann immer wieder mal, zu sehen, wie er die einfältigen, gierigen, bigottischen und allzu oft scheinheiligen Menschen nörgeln könne, die wohl nach außen hin sich der christkatholischen Religion duckten, aber insgeheim doch viel mehr Donars Zorn, vor allem dessen Launenhaftigkeit fürchteten, ihm aber mehr noch für dessen Schutz, Güte, Lebensfreude und Schenkungslust Dank und Liebe zollten. Donar war er ihr Schutz-Heiliger geblieben, ihn mussten sie, aus ihrer heidnischen Sicht heraus, nicht fürchten, denn, so glaubten sie zu erkennen, er kam zu ihnen, wenn sie in Not waren, er vertröstete sie nicht auf das Jenseits und züchtigte sie zwar, aber er bestrafte sie für Frevel oder Vergehen nicht gleich mit ewigem Feuer.

 

Der Nix Maium, spazierte also bei diesem sturmgepeitschten Regenwetter, einem Klima nach seinem Geschmack, verkleidet als fahrender Schüler, am Wirtshaus vorbei und erkannte durchs Windauge, denn verglaste Fenster gab es damals noch nicht auf dem Lande, die verwunderliche Gesellschaft.

 

Da der Nix Maium einen Haufen rotgelb glänzender Goldstücke auf dem Tische der Würfler gewahr wurde, ergriff ihn eine unwiderstehliche Begierde, sich dieses Kapital anzueignen. So betrat er die Gaststube, grüßte ringsum so höflich, wie er glaubte dies die Scholaren zu tun pflegen und frug artig, ob er am Würfelspiel teilnehmen könne. Die Gesellschaft hatte nichts mehr dagegen, als er einen Beutel, gefüllt mit Münzen zeigte, die leider nur aus Katzengold bestanden, wie solches an den Saale- und Seeufern zu finden ist und das doch für Menschensterbliche nur wertloses Blendwerk ist, wie wir längst wissen.

 

Der Nix setzte sich und würfelte. Er gewann und gewann dank seiner Zauberkniffe. Die anderen Würfelgefährten hatten fortan keine Chance mehr.

 

Wie es denn so ist. Mit dem Gewinn bringt das Spiel Freude, verliert man dagegen, würgt uns Ärger und Verdruss solange an der Leber, bis diese über ihre Galle das Gesicht grün färbt und Wut und Rage den Verstand abschalten lässt. Dann heißt es: schlagt zu.

 

Einer der Verlierer, ein Burgunder namens Ortlieb, der hierzu-lande süßen roten Welschwein verkaufte, hatte nämlich erkannt, dass Maium, der Nix, zwar nicht falsch spielte, sie aber dennoch irgendwie hinterging und foppte. Da Ortlieb bis zum Eintreffen des Maium gut gewonnen hatte, entfachte sein Verlust in ihm zornigen Grimm, so dass der Burgunder mit dem Nix Maium zu stänkern und zu zänkern begann.

 

Doch Maium war selig, endlich einmal richtiges Gold zu besitzen, was er seiner Gemahlin Schönwella als Hochzeits-tagspresent zu schenken vorhatte. Er war viel zu gut aufgelegt, um sich provozieren zu lassen, so dass er dem Streithahn zulächelte, was diesen wiederum noch mehr in Zorn brachte. Und klatsch - ehe es sich der darob erschrockene Nix versah - bekam er vom Weinschieber eine schallende, klebende Ohrfeige versetzt. Der Nix Maium wollte zurückgeben, aber Ortlieb war gegen solche Reaktionen wohl gefeit, er sprang schnell hinter den Tiroler Salzhändler Orminus, so dass dieser voll getroffen wurde. Welch Weh- und Wutgeschrei erhob sich. Im Nu fiel die Meute über den Nix her. Dieser hatte für sich indes nichts zu fürchten, denn kein Sterblicher, auch kein Dutzend mal ein Dutzend davon, kann einem Nix auch nur das Geringste anhaben, dennoch wollte sich der streitfaule Maium doch lieber zurückziehen. Nun ja, wäre da nicht ein ungarischer Ross-händler gewesen, ein gewisser Lazlo Entutok-Ur, der an der Donau wohl schon mit dortigen Nixern zu tun gehabt haben mochte; denn Lazlo kannte das Geheimnis, wie man einem jener Wesen, die weder Mensch, noch Engel sind, aber auch nicht der Geisterwelt zugehören, die über unsterbliche Körper und übernatürliche Kräfte verfügen, eben Menschenunsterbliche sind, unbedingt beikommt:

 

Man muss denen nur ein Stückchen weisses Brot, getaucht in Wein, in den Mund stecken und dazu sprechen:

 

Hudeltum,

!schluck Brot und Wein,

Hudelrum,

und tot sollst sein.

 

Lazlo, der Pferdehändler, stopfte flugs ein Stück Brot, das er zuvor flink in den vom burgundischen Weinpanscher Ortlieb spendierten Wein getunkt hatte, dem Nix Maium in den Mund und sagte dazu das böse Zaubersprüchlein her.

 

Keiner wird's wieder glauben wollen, aber es ist wahr, es hilft, probierts doch selbst mal aus, wenn ihr einem Trollwesen begegnet, das euch narrt.

 

Der Nix Maium spürte, wie ihm die Kräfte schwanden, alles drehte sich um ihn her, er ward ohnmächtig und fiel zu Boden.

 

Sogleich hatte sich eine Jury gebildet. Sie erklärte den Nix Maium zu einem Beelzebub und nahm ihm alles Gold wieder ab. Auch das Katzengold wollten sie einstreichen. Doch der reisende Händler Urs Löli, der aus der Gegend stammte, die man heute die Innerschweiz nennt, schrie auf, als er das Katzengold in der Hand fühlte. Nachdem er nämlich einen Katzengold-Dukaten näher geprüft hatte, legte er ihn auf den Tisch zurück und erklärte, dass Katzengold von einem Menschensterblichen niemals zu Dukaten geformt werden kann und nur Blendwerk des Leibhaftigen ist. Jeder, der solcher-massen Falschgold besitze und es anderen andrehe, sei vogelfrei und müsse, zum Schutz der Allgemeinheit, auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden.

 

Ja, nun war aber der Nix Maium aufgrund des magyarischen Zauberspruches schon tot, so dass die Scheinheiligen sich den Scheiterhaufen sparen konnten.

 

Man kam deshalb überein, den Leichnam des Nix jenseits des Friedhofs zu verscharren. Einem wendischen Knecht gaben sie ein paar Kupfermünzen, damit er das anderentags erledigen solle.

 

Die Gesellschaft war sehr instrapuziert. Am liebsten hätte sie alles rückgängig gemacht. Die Fremden gingen dann schlech-tengewissensgeplagt auch bald schlafen. Als am anderen Morgen das Wetter noch übler tobte, ließen sie gleichwohl einspannen und flohen den schaurigen Ort.

 

Der wendische Beerdigungs-Knecht hatte es verschlafen, weil er seinen Vorablohn noch am Abend vertrunken hatte. So lag der Nix tot an der Friedhofsmauer.

 

Ja, war er denn wirklich tot?

 

Nein, nicht wirklich. Scheintot ja, aber nicht wirklich tot. Der Ungar Lazlo hatte nämlich erstens kein Weißbrot gehabt, sondern nur das hierzulande übliche, wenngleich unvergleichlich schmackhaftere Schwarzbrot gefunden (das die heutigen Bäcker leider zu backen verlernt haben - die  ganz Alten unter uns werden sich noch daran erinnern, wie herrlich es im Laden des Bäcker König in der unteren Trothaer Straße duftete, oder welch einzigartiges Roggenbrot seinerzeit den Bäcker Schaaf, der in der oberen Trothaer Straße wohnte, berühmt gemachte hatte. Heute sind die Läden verfallen, niemand von den jetzigen Bewohnern Trothas kennt diese großen Meister mehr. Hatte Schiller einmal behauptet, "dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze", so ist diese Prophezeiung nunmehr falsch, richtiger hieße es heutzutage: den Bäckern, Metzgern, Köchen, Konditoren ...; denn deren Künste sind, weil nicht konservierbar, fürwahr dahin).

 

Schwarzbrot ist eben nicht Weißbrot. Schwarzbrot hat viel mehr Nährkraft als das schlappe Weißbrot, dem der Müller vom Mehl her schon alle Vitamin- und Kraftstoffe ausgesiebt hat, so dass sich die Weißbrotfresser wundern, warum sie von allerlei Krankheiten heimgesucht werden, insbesondere aber von der für alles herhalten sollenden Allergie-Krankheit geplagt werden. Mancher Zahnarzt wäre zudem pleite, würden die lieben Zeitgenossen, wie zuvor noch ihre Großväter, Schwarzbrot essen, statt des modernen Weißbrots, dessen Geschmack sogar noch von jenem der Zellstofftaschentücher übertroffen wird, dessen Kalorienbombardement verheerend ist und dessen Natur-Nahrhaftigkeit sich amplitutisch der Null nähert, wie der Herr stellvertretende Unterstufen-Aushilfsmathematiklehrer definieren würde, wüsste dieser denn, worum es überhaupt geht. Deshalb wird ja zum Lazlo-Zauberspruch auch ausdrücklich Weißbrot gefordert. Das Schwarzbrot, das Lazlo verwendete, ist viel zu kräftig und nahrhaft und verhalf dem Nix Maium wieder zu Bewusstsein. Zwar war er schwach wie ein Baby, aber doch wenigstens nicht im Universum der Vergessenheit verloren gegangen.

 

Ja und dann war doch wohl von Wein die Rede, Wein sollte es sein, in welchen das Weißbrot eingetunkt werden muss. Nun ja, Wein wächst genug in Burgund, aber die Burgunder trinken ihren Wein viel lieber selbst, als dass sie diesen einem windigen Herrn Ortlieb geben, damit dieser den Wein den tumben Deutschen verkaufe. So hatte Ortlieb sich denn mit billigem Wein aus der Provence eingedeckt, diesen mit Pottasche, Pflaumenschnaps und viel Wasser versetzt, sodann den Unkun-digen, die viel zu weit weg von Burgund waren, um den Panschschwindel zu durchschauen, als Burgunderwein empfoh-len. So konnte der Hexenspruch auch aus dieser Dimension nicht seine volle Geister-Tötungskraft entfalten. Zwar konnte dieser Weinverschnitt auch morden, aber nur jene, die ihm zu viel zusprachen, jedenfalls aber keinen Nix aus der Gefolgschaft des Donar.

 

Die Nixe Schönwella wartete indessen im kalten Grund des großen, zwischen Beidersee und Morl gelegenen Sees auf ihren Herrn mit dem Hochzeitstagsmahl. Als er Stunde um Stunde ausblieb, wurde sie unruhig und telephatierte mit Ihrer Mutter, der Nixe Schilfengrüna, die in Wettin unterhalb der germanischen Burg in der Saale lebt, doch von ihr konnte sie nichts erfahren. Angst presste das Herz der jungen Nixe ein, Unruhe hieß sie sich aufmachen, ihren Gemahl zu suchen. Als Schönwella ihn endlich fand und ihn so leblos daniederliegen sah, erschrak sie zutiefst. Ihr Schreien erstickte in einem Schluchzen. Aus ihren hellen Augen quollen die Tränen in Strömen und benetzten ihren Mann. Er erwachte vollends wieder zum Leben und nach langen Stöhnen und Seufzen konnte er sich aufrichten.

 

Schnell verließen die Nixis´chen den gefährlichen Ort und setzten sich in ihrer Wasserburg nieder, um sich zu erholen.

 

Als der Nix wieder einigermaßen bei Kräften war, wollte er bald seinen Racheschwur an den mörderischen Würflern voll-strecken. Doch dann verschob er das Strafgericht und schliess-lich verzichtete er vollends darauf.

 

Der Nix Maium - noch heute kennt man seinen Namen, denn in Hallescher Mundart wird Wasser immer noch mit dem Wort "Maium" bezeichnet, auch wenn die feinen Leute darüber ihre Nase rümpfen und die geistlichen Herren dieses Wort geradezu verabscheuen; denn es entstammt dem Jiddischen, er hatte seine Lektion gelernt. Fortan hielt er sich von allem mensch-lichem Würfelspielerpack fern. Er schuf Gutes im Geheimen und dient somit seinem Herrn Donar beflissen. Da hierorts über Gutes nicht geredet wird, ja man Gutes schnell vergisst, gar mit Füssen tritt, ist er den meisten unserer Zeitgenossen wohl schon ein wenig aus dem Gedächtnis entschwunden.

 

***

 

Doch wir erinnern uns an ihn und an seine Gemahlin, die Nixe Schönwella. Deren Tränen hatten zunächst tiefe Trauer, dann aber helle Freude bezeugt, als sie ihren Gemahl, den Nix Maium erst leblos gefunden hatte, ihn aber dann zum Bewusstsein wiederkehren sah.

 

Jeder Weiß es, wer nicht, soll es sich merken: die Tränen einer Nixe sind nicht wie jene eines Menschen. Weint eine Nixe aus Trauer, so wird ein Wildbach, der alles mit sich reißt, an jener Stelle ihres Schmerzes heraussprudeln, weint sie aus Freunde, so soll dort eine Quelle aus reinstem Wasser entspringen und das durstende Land, die Tiere und Menschen mit erquickendem Nass stärken. Schönwellas Tränen bewirkten eine Mischung aus beiden.

 

***

 

Längst gibt es das dunkle, windzerzauste Würfelspieler-Dorf am Fusse des Lauterbergs, des Mont Serenus, des Petersberges nicht mehr, es wurde zur Wüstung.

 

An jener Stelle aber, an welcher die Nixe Schönwella ihren fast zu Tode gekommenen Ehemann Maium fand, entspringt, ver-steckt unter blühenden Weissdornbüschen, eine reine, klare, erfrischend-kühle Quelle dem Rasenboden. Ich habe aus ihr getrunken und dabei vermeint, der Nixe Schönwella in ihre schilfgrünen Augen zu sehen, womöglich war dies auch nur eine Täuschung der Sinne, aber vielleicht eben auch nicht, wer Weiß dies schon und wer will es bestreiten, wer kann es erraten.

 

***

 

Wandert doch einmal zu Fuß zum Petersberg hinauf zur schönen Quelle und versucht Schönwella zu sehen.

 

Sammelt zuvor aber hübsche handliche runde Kieselsteine. Und wenn euch ein Auto widerlich überholt oder auspuffgas-einpestet, dann werft ihm einen Stein auf's Dach und sprecht:

 

 

Hudeltum,

die Strass lass frei,

 

Hudelrum,

oder brich entzwei,

 

Hudelsum,

sonst rufe ich glei,

 

Hudelgum,

die Heerschar herbei.

 

Erstens wird euch der blöde Autofahrer nichts antun können, weil euch ja jetzt der Nix Maium inmitten und mit  der Wilden Heerschar beschützt. Zum anderen wird der Raser sich in Zukunft hüten, Spaziergänger, die nach Schönwellas Quelle forschen, so ungehobelt zu erschrecken.

 

All dies ohne Gewähr, für den Fall, dass ihr nicht fest genug glaubt !

 

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Die Namen der Protagonisten sind nicht erfunden, ihre Identität ist nachweisbar; siehe hierzu "Chronik der Geister, Feen und Nixen im Saalkreis", erschienen im Schimpuliztsch-Verlag, Neualtststein und "Die Gerechtigkeit der Ungerechten - oder Geister können menschlich sein", von Prof. Dr. Ägidius Stuhlweg, erschienen im Sanctus-Verlag, Längsfurdtsenhausen.

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Fortsetzung folgt ???