01. März 2023
nach dem jüdischen Kalender der
8. Adar 5783

Der Reformjudengemeinschaft Sachsen-Anhalts

Notabene > הערה

für März 2023 / 5783

 

- Schalom - &  -  שָׁלוֹם  -

 

Die monatliche Bibel–Rundschau

 

EX ODUS 33, im Vers 5

Da sprach der HERR zu Mose:

Sag zu den Israeliten:

Ihr seid ein störrisches Volk.

Wenn ICH auch nur einen einzigen Augenblick mit dir zöge,

müsste ICH dir ein Ende machen. Jetzt aber

leg deinen Schmuck ab!

Dann will ICH sehen, was ICH

mit dir tun kann.

Seither tragen die Israeliten keinen Schmuck mehr,

vom Berg Horeb an.       

Zitat aus dem 2. Buch Moses:

 

Der HERR sprach zu Mose:

Hiermit mache ICH dich

für den Pharao zum Gott;

dein Bruder Aaron

soll dein Prophet sein.

Aaron wird für dich

der Mund sein

und du wirst für ihn Gott sein

 

 

Im  März 2023 / 5783

zur TABULA PUBLICA:

 bis 31. März 2023 / 5782

 

Synagogengemeinde
zu Halle
Hansastraße 7a
06118 Halle
Telefon 0345-5220272 

----------------------------------------------------------

Schalom,

 sehr geehrte Damen und Herren,

  liebe Freunde und liebe Mitglieder,

 Schon wieder eine schlimme Nachricht:

Der Freund und Helfer  unserer Gemeinde,

Gerald Klaus, יכרון מבורך  (seligen Angedenkens)

verstarb im Alter von 69 Jahren.  Herr Klaus יכרון מבורך  unterstützte unsere Gemeinde tatkräftig mit Rat und Tat. Insbesondere bei der Bewältigung administrativer Aufgaben. Wir werden ihn sehr vermissen.

Herrn Gerald Klaus יכרון מבורך widmeten wir das Kaddischgebet.

 

 

 

Unsere Home-Kiddusch-Zeiten neigen sich dem Ende zu. Mitglieder fragten, wann wir uns wieder zum gemeinsamen Gebet treffen werden. Doch ist unser Gebetsraum infolge der unerhörten Gaspreiserhöhungen nicht beheizbar, so dass wir abzuwarten haben, bis das Wetter freundlicher wird, damit sich niemand eine Erkältungskrankheit zuzieht.

Dies, weil  unserer Gemeinschaft infolge der bekannten offiziellen antireformjüdischen Geisteshaltung, ganz legal die uns gesetzlich zustehende finanzielle  Juden-Staatsleistung, unterschlagen wird. Dieses, unser Geld, versickert. Niemand kann feststellen, wo es letztlich landet, da die Empfänger keine staatliche Nachprüfung zu befürchten haben.

Ja, wir Reformjuden werden in diesem Bundesland nicht nur ausgegrenzt,  sondern durch Entzug der Landesmittel und der Verweigerung diese Niedertracht gerichtlich bereinigen zu dürfen, zum Untergang genö-tigt. Wir konnten, da uns unsere Synagoge weggenommen wurde, in unserem Behelfs-Gebetsraum keinen Gottesdienst feiern, weil uns die finanziellen Mittel fehlen, diesen zu beheizen. Zwar verehren wir einen schwedischen Arzt, der uns oft Geld spendet, aber diese Mittel dienen der Ausrichtung unseres reformjüdischen  Gottesdienstes. Die Heizung zu bezahlen, das schaffen wir nicht.

Für diese Zwecke schufen 1995 die ehrbaren Väter unseres Juden-Staatsver-trages 1995 die Juden-Staatsleistung. Der Synagogengemeinde Halle wurde im Juden-Staatsvertrag namentliche versichert, an dieser Staatsleistung beteiligt zu sein. Durch Tricks schaffen es Reformjuden-feinde, dies radikal zu verhindern. Die Staatsgelder werden Landes-Russen-Juden-Verbänden zur freihändigen Verwendung überlassen. Es wird nicht kontrolliert, was die Funktionäre dieser Verbände mit den Staatsgeldern machen. Gerichtliche Schritte werden der Synagogengemeinde Halle versperrt, weil sie in der Berufungsinstanz anwaltlich vertreten sein muss und sie einen Anwalt nicht bezahlen kann. Ihr werden mit bösartigen Begründungen, wie zum Beispiel, der 85-jährige, nahezu blinde und gehörlose, gehbehinderte Vorstand solle im ganzen Land Sachsen-Anhalt herumfahren und bei jedem der 369 Mit-glieder anklopfen und sich dessen amtliche  Sozialhilfebescheinigung geben lassen und diese dem Oberverwaltungsgericht vorle-gen, damit dort geprüft werden kann, ob der Synagogengemeinde Prozesskostenhilfe  gewährt werden kann oder nicht. Wer solche unerfüllbaren Auflagen stellt, kann der der grundsätzlich gewillt sein, zu gewähren,  Prozesskostenhilfe zu gewäh-ren, nicht vielmehr die Entscheidung wieder monatelang hinauszuschieben, um den Antrag dann zu „verwerfen“, wie es in Magdeburger Gerichtsdeutsch  heißt.

Dass dies Gerichtsverhalten auf antise-iti-sche Gesinnung hinweisen könnte, fällt nicht nur der Synagogengemeinde Halle auf.

 

 

 V. Abteilung zum

Komplott

Wird nunmehr im nächsten Monat fortgesetzt


 

Cartoons,

(Aus der Mottenkiste und - bewahre - nicht zur Erheiterung, nur diesmal verkürzt, dazu: Man gedenke: Poetis mentiri licet.)

Wie immer Nr. 1:

 

 

 


 

 

 

 

Und als Zwischenbericht - aus meiner Sicht

die Fortsetzung kleiner

Geschichtchen und Märchen für Singles und Pärchen

 

®   קארל זומר

 

This report was inspired by a tru story.

Some names, places annd dates have been changed

 

Dieser Bericht wurde von einer wahren Geschichte inspiriert.

Einige Namen, Orte und Daten wurden geändert.

 

Hierdie berig is deur 'n ware verhaal geïnspireer.

Sommige name, liggings en datums is verander.

 

דוח זה נוצר בהשראת סיפור אמיתי.

כמה שמות, מיקומים ותאריכים שונו

 

דער באַריכט איז ינספּייערד דורך אַ אמת געשיכטע.

עטלעכע נעמען, ערטער און דאַטעס האָבן שוין געביטן

(der barikht iz inspeyerd durkh a ams geshikhte.

etlekhe nemen, erter aun dates hobn shoyn gebitn)

 

Dit rapport is geïnspireerd op een waargebeurd verhaal.

Sommige namen, locaties en data zijn gewijzigd.

 

Ce reportage est inspiré d'une histoire vraie.

Certains noms, lieux et dates ont été modifiés.

 

Este reportaje está inspirado en una historia real.

Se han cambiado algunos nombres, ubicaciones y fechas.

 

На створення цього звіту надихнула реальна історія.

Деякі назви, місця та дати були змінені

 

Этот отчет был вдохновлен реальной историей.

Некоторые имена, места и даты изменены.

 

(Hier noch mal eine der dutzenden Halb-Chroniken

aus der halleschen Vorzeit)

Fortsetzung

 

 

SAGEN UND LEGENDEN

AUS DEM ALTEN HALLE

 

 DER REGENMEISTER oder

 DIE RACHE DES SAALNIX

 

 

 

Als einmal, in längst vergessener Zeit, die Saale so wenig Wasser führte, dass sogar der böse Strudel Zurr ganz schlapp und schläfrig wurde und sich gar daniedergelegen und sterben wollte, stand der Müller von Trotha auf dem Steg vor seiner Mühle und schaute sehnsüchtig zum tiefblauen Himmel empor, ob sich nicht endlich Wolken zeigten, die den heiß ersehnten Regen brächten, so dass sich die fast ausgetrocknete Saale wieder füllte und der Mühle Wasser zuführte, um wieder Mehl gemahlen werde und dass Brot, Brötchen und Kuchen gebacken werden konnten.

 

Aber nicht ein einziges Wölkchen zeigte sich, so angestrengt der Müller auch Ausschau hielt. Deswegen seufzte der Müller so laut, dass seine Tochter Helgurda vermeinte, er habe sich verletzt und zu ihm lief, zu sehen ob sie ihm helfen könne.

 

Im Mühlarm, vor dem Mühlenwehr, hatte gerade der alte Nix Wellfried sein Mittagsschläfchen gehalten. Er erwachte als Helgurda ihren Vater ansprach. Überrascht von der artigen Schönheit der Müllerstochter, angetan von deren hellblonden Haaren, die in dicken Zöpfen, nach hinten gebunden ihr zur Hüfte hinab fielen, von ihrer frischen, flinken und doch zugleich milde-hilfreichen Art, verliebte sich der alte Saalnix in die junge Maid, die ihrerseits doch in den Müllerburschen Jungfranz verliebt war.

 

Listig harrte der Nix aus, bis das Mädchen wieder in die Küche zurückgelaufen war. Da nun ein jeder weiß, dass ein Nix für uns Menschen äußerst hässlich anzusehen ist, ja wir sogar in höchste Panik verfallen, käme uns ein Nix in seiner wahren Gestalt daher, verwandelte er sich, das kann ein Nix allerdings immer nur für ganz kurze Zeit, sein Aussehen in einen vornehmen Herren.

 

Der Nix ging auf den Müller zu und grüßte diesen:

 

„Guten Tag, lieber Mann, schönes Wetter heute, nicht wahr!“

 

"Guten Tag ! Schönes Wetter? Schlechtes Wetter ist das, die Saale führt kaum noch Wasser, es reicht nicht mehr, um die Mühle anzutreiben. Not herrscht, schlimme, schlimme Not, mein Herr."

 

"Ach, so schlimm steht es, das hätt' ich nicht gedacht, so schlimm! Was wäre denn da zu tun?“

 

"Regnen sollte es, Tag und Nacht regnen, so dass der Wasserstand wieder hoch genug steht."

 

Der Müller machte ein zerknirschtes Gesicht. Der Nix dagegen dachte sich, dass die Geschichte so recht nach seinem Wunsche verliefe. Scheinheilig fragte der Nix daher den Müller:

 

"Weit drüben, im Rheinland, gab es auch eine solche Dürre, der Rheinfluss war schier versickert, die Reben an den Hängen waren fast so trocken wie das Stroh in der Scheune. Aber es fand sich dort jemand, der konnte wieder Regen und Wasser machen.

 

So erzählte man mir. Aber das Regenmachen war nicht billig."

 

Der Müller winkte ungläubig ab:

 

"Wer's glaubt, guter Herr! Das sind doch immer die gleichen Geschichten, die die Fuhrleute mitbringen und in den Gasthäusern herumerzählen. Selbst gesehen hat's keiner von denen, dennoch bauscht ein jeder Weitererzähler mehr und mehr auf, so dass bald behauptet wird, dass das Weltmeer ausgetrocknet ist."

 

"Ich,"

 

so unterbrach den Müller der Nix,

 

"ich glaube daran. Ich glaube nicht nur daran, ich weiss, dass dem so ist und nicht eine Fabel fahrender Leute. Ich kenne nämlich den Regenmeister persönlich, es ist mein Bruder, besser, mein Zwillingsbruder."

 

Der Müller schaute nun den fremden Herrn etwas näher an. Noch immer voller Zweifel erkundigte er sich, fragen schadet doch wohl nichts, wie denn der Herr Bruder Regenmeister es bewerkstelligen könnte, dass von jetzt auf gleich so viel Wasser die Saale herunter fliesst, so dass das Mühlrad wieder arbeiten könne.

 

Nun liess der Nix, der durchtriebene, endlich die Katze aus dem Sack:

 

"Nun ja, diese Arbeit wäre wohl leicht, nur könne sich die Entlohnung für diese Leistung sicher kaum jemand leisten. Ehem - oder der Lohn wird zu hoch sein."

 

Der Müller wurde noch neugieriger und frug:

 

"Wenn schon, wie hoch würde denn der Preis ausfallen? Aber sicherlich halten Sie mich nur zum Narren."

 

"Der linke Schuh des Regenmeisters muss mit Golddukaten aufgefüllt werden."

 

Der Müller lachte leicht verkrampft und sinnierte:

 

"Na bitte, wie es ist, ist es immer schlecht. Hätte ich Wasser, hätte ich auch die Dukaten, immer trifft's die Kleinen."

 

Nun hatte der Nix den Müller da, wo er ihn hinhaben wollte; so fügte er schlau hinzu:

 

"Mein Bruder, der Regenmeister, ist sich seiner Sache sicher. Du musst nicht im Voraus bezahlen, wenn du momentan nicht genug hast, gibt stattdessen ein Pfand, bis du mit Golddukaten bezahlen kannst."

 

"Wenn ich Ihnen doch sage,"

 

erwiderte darauf der Müller,

 

"die Trockenheit hat uns so arm gemacht, auch die hoch-würdigen Herrn Klausner, von denen ich die Mühle zur Pacht erhalten habe, warten schon lange auf den Zins und werden's von Mal zu Mal ungeduldiger. Nein, so spaßig es auch wäre, Ihren Herrn Bruder zuzuschauen und über seinen Misserfolg zu spotten, nein, mein lieber Herr, es geht wohl nicht."

 

Der Nix wurde ungeduldiger:

 

"Wenn sich mein Bruder - deiner Meinung nach - blamiert, dann schlag drein: Wenn binnen drei Stunden die Mühle nicht so viel Wasser bekommt, dass all das Korn, das im Trockenraum lagert, gemahlen werden kann, dann bist du ihm gar nichts schuldig.

 

Wenn dagegen aber des Regenmeisters Kunst kein leeres Versprechen war, du wieder so arbeiten kannst, dass all deine Sorgen vergehen, dann gibst du mir deine Tochter zur Frau.

 

Schlage ein, denn ohne Wasser kannst du nicht leben deine Tochter ebenso wenig. über kurz oder lang werden euch die Mönche aus der Mühle vertreiben und einen anderen Pächter einsetzen. Wohin willst du dann gehen! Bekommst du aber dein Wasser durch die Kunst meines Bruders, dann solltest du am Tage des Allerheiligen (1. November) die Golddukaten bezahlen oder mir deine Tochter zur Frau geben. Es würde deiner Tochter gut ergehen, sie darf in meinem Palast wohnen und viele Diener und Dienerinnen werden ihr das Leben leicht machen.

 

Es gibt nur eine Bedingung, die ist einfach, niemand, schon gar nicht die hohe Geistlichkeit, darf von unserem Handel erfah-ren."

 

Der Müller lachte verlegen. Auf den Handel konnte er sich einlassen. Was würde er schon verlieren? Nichts. Verlieren würde er doch nur, wenn er sich nicht auf den Handel einliesse.

 

Dennoch, unsere Trothaer sind bauernschlau, so leicht geben sie nicht nach und - was soll's, Versuch macht kluch:

 

"Ja, aber, hm, ich weiss nicht. Wenn Sie mich aber nun doch zum Narren halten, dann bin ich hier für alle Zeiten das Gespött. Nehmen Sie mir es nicht übel, aber ich habe noch eine Bedingung."

 

"Nun welche ?"

 

"Wenn Ihr Herr Bruder Regenmeister seinen Part nicht erfüllt, wenn das Wasser der Saale eben nicht ausreicht, um alles Korn zu mahlen, dann hätten Sie die Wette verloren. Welchen Einsatz stellen Sie für diesen Fall?“

 

"Einen ganzen Zentner Gold."!

 

Waaaas, wie bitte, einen Zentner was, Gooold ?"

 

"Ja, einen Zentner Gold, oder zwei. Wählt selbst."

 

"Mein Herr, wollt ihr mich denn nun abermals foppen?“

 

"Nein, Müller, nein, warte es ab. Sagen wir in einer Stunde treffen wir uns hier, einverstanden?“

 

Natürlich war das Müllerlein einverstanden. Einen solchen Spass erlebt man ansonsten doch nur im Traum.

 

***

 

Zur vereinbarten Zeit stand der Müller längst am Steg, als der Nix, der sich wieder in den vornehmen Mann verwandelt hatte, mit seinem Zwillingsbruder, den es eigentlich gar nicht gab, den er nur so herbei genixhext hatte, eintraf.

 

Der Nix hatte sich eine Maschine gezaubert, eine Schimäre nur, die von einer Mähre, ebenso Schimäre, herangezogen wurde, nur um den Müller recht ordentlich zu beeindrucken. Nachdem der Regenmeister die Maschine angestellt hatte, verdunkelte sich plötzlich der Himmel. Ein Gewitter zog auf und es stürzte ein Wolkenbruch herab, wie ihn der Müller noch nie erlebt hatte. Binnen wenigen Minuten schwoll nun tatsächlich die Saale an und zunächst knarrend, bewegte sich das Mühlrad und drehte sich bald darauf so geschwind als wie ein Spinnrad.

 

Der Müller war überglücklich. Er versprach hoch und heilig die Preisschuld dem Regenmeister zu entrichten, der seinerseits erklärte, am Allerheiligentag pünktlich vorzusprechen.

 

***

 

Die Zeit verging. Der Müller konnte arbeiten und ward reichlich entlohnt. Die Mühlen-Verpächter-Klausnerbrüder waren zufrie-den mit ihm und erließen den ihm zunächst aufgebrummten Strafzins.

 

Es war der Abend des ersten November. Ein schauriges wüstes Wetter zerrte an den wohlverschlossenen Fensterläden, kurzum, nicht einmal einen Hund wollte man bei solcher Witterung vor die Tür jagen.

 

Es klopfte an der Tür. Die Gesellschaft darinnen aß gerade Gänsebraten mit Krait und Semmelklößen. Sie ließ sich nicht stören. Es klopfte wieder und heftiger. Und dann  noch heftiger.

 

Fast bis zur Salzsäule erstarrte der Müller, denn nun fiel ihm ein, dass ja heute der Regenmeister seinen Lohn abholen wollte. Längst hatte der Müller in Schweiße der Arbeit sein Versprechen vergessen. Es war ja nun auch wirklich zu unge-hörig, gleich so viel Geld von ihm zu verlangen, redete er sein schlechtes Gewissen ruhig, wenn dieses zuweilen, gleich einem unkörperlichen Sodbrennen aufflackerte und an die zerrinnende Zeit und die Schuld gemahnte.

 

In der Tat, vor der Tür stand der alte Saalnix, allerdings wieder im Gewand des Regenmeisterbruders und verlangte seinen Lohn.

 

Der Müller diplomatisierte. Er bat um weitere drei Tage Auf-schub, das Geld läge fest bei Salomon Zimber, der allgemein das Geld der freien Leute verwahre, und er, der Müller, könne das Geld erst übermorgen holen, weil Salomon auf Handelsreise sei und erst dann zurückkäme.

 

Der Nix, der erfahrene, durchschaute die Absicht des Müllers. Er wusste genau, dass der Müller weder beim Bankjuden noch sonst wo Geld zu liegen hatte. Was der Müller verdiente, floss ihm aus der Hand als sei es flüssiger als Wasser.

 

Aber, so dachte sich der Saalnix, was sind schon drei Tage Zuwartens. Dann werde ich Helgurda eben übermorgen heim-führen. Ohnedies, so sinnierte er weiter, ist das Warten auf die Wunscherfüllung zumeist tausendmal aufregender als der erfüllte Wunsch selbst. Was sind in meinem Leben, das nun schon 1.234 Jahre zählt, drei Tage, nichts, rein gar nichts. Dachte er.

 

Nachdem der Saalnix sich empfohlen hatte, schmeckte dem Müller seine mit Kraut und Knödeln angerichtete  Gänsekeule nicht mehr. Er seufzte ein um das andere Mal, bis seine Tochter Helgurda energisch wissen wollte, was ihn denn so bedränge. Der Müller berichtete von dem Handel mit dem Regenmeister und dass dieser nun den Lohn abholen wolle, den es gar nicht mehr gab. Auch wenn alle Anwesenden bereit waren, all ihr Erspartes zu geben, fehlte doch mehr als der neunundneunzigste Teil dessen, was der Regenmeister zu bekommen hatte.

 

Der dumme Jungfranz, starke Waden, rote Wangen, Haare wie ein Bär, dazu Schlitzaugen wie ein gemästetes Ferkele, kaum imstande einen begonnenen Satz ordentlich zu Ende zu führen, er hatte eine gerissene Bauernschläue, gegen die im Regelfall der Anstand keine Chance hat. Da es ja um seine Braut ging, der er nun mit einer geradezu abgöttischen Liebe zugetan war, die ihn ob seiner Liebe auch wieder liebte, weil sie sich denken konnte, dass jener, der liebt, wohl kaum den Geliebten oder die Geliebte im Stich lassen wird, fing er an zu stottern:

 

„So höre, Meister, beruhige dich. Wenn der Halsabschneider wiederkommt, sagst du ihm einfach, er könne ja sein Wasser wiederhaben, du hättest es gar nicht gebraucht. Wenn er dann noch nörgelt, soll er doch zum Kreisrichter gehen und seine Forderung einklagen, dann hast du wieder Zeit, dir etwas anderes auszudenken. Und, Meister, mit rechten Dingen ging das Ganze doch wohl auch nicht zu. Wenn der Regenmeister nicht gar der Leibhaftige selbst ist! Er soll beim hochwürdigen Herrn Pfarrer erst mal nachweisen, dass er ein guter Christ und kein Zauberer oder schlimmeres ist, glaube mir, den bist du los, wenn du ihm so begegnest."

 

Dem Müller fiel ein Stein vom Herzen, grösser als der dicke Mühlstein. Vor überschäumender Entlastungsfreude verkündete er, dass der dumme Jungfranz nun endlich sein Schwiegersohn werden dürfe. Gleich am Dreikönigstag sollte die Hochzeit gefeiert werden.

 

Als der Saalnix überdentag darauf wieder anklopfte, wurde er mit den genannten Ausflüchten empfangen. Das grüne Blut des Nix - daran erkennt man zweifelsfrei einen Nix oder eine Nixe, nämlich, dass diesen grünes Blut in den Adern fließt - stieg ihm zu Kopf. Er, der alte Saalnix, Choleriker wie ein solcher nur im Buche stehen kann, sprang von seinem Schemel auf, nahm seine wahre Gestalt an und schrie auf den Müller ein:

 

"Du Haderlump ! Du wortbrecherischer Halunke du Schuft und Schurke, du. Warte nur, ich werde es dir heimzahlen. Ich werde dich ersäufen, wenn du noch einmal an ein Wasser kommst. Hüte dich vor mir. Auf dem Trockenen darf ich dir nichts antun, aber, hüte dich, an ein Gewässer zu kommen, dann werde ich dich wie ein überzähliges Stoppelkatzenjunges ersäufen."

 

Der Nix stürzte sich in den Mühlgraben und blieb von da an unsichtbar für alle Menschen, erst an dem Tage, wo Saale und Elbe flussaufwärts fließen, wollte er sich wieder mit den hinterlistigen Menschen einlassen.

 

Den Müller, Bruder Leichtfuß, störte der Fluch des Saalnix nicht sonderlich. Er hielt sich von der Saale fern, fertig. Was sollte ihm schon passieren.

 

Die Zeit verging.

 

Der Müller war nun schon Großvater geworden. Sein Enkel-sohn, der ständig quäkende Ottowulf, war ein getreues Abbild seines Vaters, nur dass seine Pausbacken vom Mehlbrei, der nahezu ständig in ihn hineingestopft wurde, so aufgedunsen waren, als hätte er zwei ganze Kornäpfel im Mund. Der Müllerbursch Jungfranz nahm seinem Schwiegervater den Grossteil der Arbeit ab, so dass der Müller es sich leichter machen konnte. Mit seinen Freunden Gebhard, Nielbrock, Siegwart, Starsik, Gerwert, Lambert, Stosshard und Johlkach machte er einen Sonntagsspaziergang zum Flecken Seeben bei Trotha, um in der dortigen Försterei das gerade angestochene Bockbier zu probieren. Bockbier hat, wie man weiss, so gewisse Eigenschaften, denen die Männer (und zuweilen auch gierige Frauen) heftig zusprechen; denn es mundet vortrefflich, ist süffig, man bekommt schier nicht genug davon. Nur den Punkt, wo der Verstand aussetzt, den verheimlicht der Rausch des Bockbieres seinem Trinker. Man sollte sich daher vorm Bockbier in Acht nehmen. Der Müller fühlte sich stark. So stark, bis er nichts mehr fühlte. Er legte sich mit seinen Kumpanen unter eine Eiche im Seebener Busch und hielt ein Nachmittags-schläfchen. Man wollte danach einigermaßen geraden Schrittes gegen spätnachmittags nach Hause gehen. Ein Gewitter weckte die Zecher. Ein Gewitter, wie sie es noch nicht erlebt hatten, halt doch schon mal, nämlich vor einigen Jahren, als der Müller seinen Handel mit dem Saalnix schloss, der ihm dann seinerzeit als Regenmeister dieses Gewitter her genixhext hatte.

 

Pudelnass flüchteten die wieder Ernüchterten von der Eiche weg, weil sie befürchteten, dass dort der Blitz einschlagen könnte. Sie stellten sich unter eine Rotbuche, waren aber schon bald bis auf die Haut durchnässt. Wie das Gewitter kam, so verzog es sich wieder. überall glänzten Pfützen und strömten Rinnsale umher. Als der Müller sich einer der Pfützen näherte und in seinem Rest-Rausch hineintappte, ward er von einer maschinenhaft starken Kraft hinab gezogen, alles Wehren half ihm nichts. Er schrie um Hilfe mit Zeder und Mordio. Seine Gefährten wollten ihm zur Hilfe eilen, konnten sich aber keinen einzigen Schritt bewegen. Wie angenagelt, wie Salzsäulen, standen sie da und mussten ohnmächtig mit ansehen, wie der Müller qualvoll in der Pfütze ersäuft wurde.

 

Als schon gar kein Lebenszeichen mehr vom Müller ausging, lösten sich die Fesseln der fast zu Tode Erschrockenen. Doch sie konnten den Müller nur noch tot bergen.

 

Der alte Saalnix hatte furchtbare Rache genommen.

 

In seiner Rachgier verfolgte er auch den dummen Jungfranz. Er spielte ihm Streich um Streich, bis der Jungfranz-Müller aufgab und mit seiner Familie hinüber ins heutige Kursächsische zog, das ja unter Konrad von Wettin noch zu unserer Heimat zählte. Dort verdingte er sich als Mühlknecht. Helgurda gebar ihm noch weitere 13 Kinder. Zusammen zogen sie sieben blitzblanke blonde Mädchen und sieben Buben auf, welchletztere sämtlich Miniaturausgaben vom Jungfranz zu sein schienen. Geklont nennt man es heute wohl blöder, nichtsdestoweniger prägnan-ter. Sie lebten fromm und vermehrten sich unaufhörlich.

 

***

 

Seither wundert man sich nicht mehr, wenn man das Sachsenland besucht, wo ja so viel schöne Mädels leben, dass man reimt, sie wüchsen auf den Bäumen, einen dagegen ebenso viele männliche Ebenbilder des trefflichen Jungfranz nerven, so dass man denn schon bald wieder abreisen möchte.

 

***

 

Den Saalnix hat seither niemand mehr in seiner wahren Gestalt als Nix gesehen, nämlich mit dem grünfarbenem Gesicht und den Schwimmhäuten an den Fingern. Gleichwohl schleicht er sich dann und wann herum, wenn es ihm in seinem Schloss auf dem Grund der guten alten Saale zu langweilig wird. Er erscheint dann unseren naiven Zeitgenossen in mannigfaltiger Gestalt. Mal als Trunkenbold vor der Katzenbuckelbrücke zum Forstwerder, mal als Student, der dauerläuft, oder wie es neuverständlich heißt joggt, mal als Rentner auf einer Bank am Ufer der Saale, mal als Enterich, mal als Baumstumpf oder Felsstein und in vielen anderen, noch geheim gehaltenen Gestalten weiter. Er belauscht dabei die Menschen und versucht angestrengt zu verstehen, was die Leute denn derzeit bewegt, was sie fühlen und denken, wen sie lieben und betrügen, wen sie ausnutzen und wen sie alleinlassen.

 

Doch der Saalnix kann es nicht lassen; denn immer wieder spielt er den Menschen und Tieren harmlose bis üble Streiche. So auch einmal am Echofelsen in den Klausbergen, wo er den Widerhall zuweilen umdreht. Wenn dort nämlich jemand ruft, meint man der Ruf kommt aus der entgegengesetzten Rich-tung, aber verlassen kann man sich darauf nicht, aber auch  darauf Ist kein verlass. Als jüngst einmal ein schwitzender dicker, glatzköpfiger Herr seinem Hund pfiff, wollte das brave Hundetier sofort zu seinem Herrchen eilen: Der Vierbeiner hörte den Pfiff - aber von der entgegen gesetzten Seite - und rannte deshalb weg vom Herrn und der Dicke schnaufte hinterher. Und wenn sie sich nicht getroffen haben, läuft der Hund immer noch und sein einfältiges Herrchen hinter ihm drein.

 

***

Als die Oma unserer Oma noch Kleinkind war, sangen die Kinderchen zum Ringelrein schon:

 

Rächen, Rächen reene,

ich krieche nasse Beene,

Rächen, Rächen ruhe,

zerweecht sinn schon dä Schuhe.

 

Liebe Sonne gomm härvor,

rufen alle laut im Chor,

liebe Sonne scheene,

und trockne unsre Beene.

 

Scheint dann die Sonne, woll mr Rächen,

denn rächent es, miss mr nich klächen,

wir wissen nich was mr wollen,

das soll der Schinder hollen.

 

(Denen von den ehrbaren politischen Parteien heutzutage geht es ebenso. Sie wollen das Plus unter Beibehaltung des Minus. Wie das funktionieren soll, verstehen sie nicht einmal selbst. Aber das ist nun einmal das Geheimnis der modernen Politik. Nur gut, dass wir, die Außenzusehenden, nichts davon begreifen, man möchte ansonsten annehmen, diese Politiker sind verrückt, dabei sind wir es doch wohl selbst, so wie die Staatsdiener mit uns umzugehen sich erlauben dürfen.)

 

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Alle Gestalten dieser auf wahren Begebnissen beruhenden Doktorarbeit haben gelebt, ihre Namen sind in den Kirchenbüchern verzeichnet (leider verschollen).

Allerdings mussten auf Anraten der Anwälte des Doktoranten die Namen der Protagonisten leicht abgeändert werden, um den Nachkommen dieser deren Anonymität zu wahren.

 

So erscheinen hier unter anderen:

 

Der Müller von Trotha, seine Tochter Helgurda, deren Bräutigam Jungfranz,                       der Saal- und Mühlnix Wellfried von Giebichenstein und Trotha, der zuweilen auch als vornehmer Herr und als der Regenmeister auftritt.

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Autor (85) anlässlich der Korrektur des

33 Jahre alten Manuskriptes.


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Fortsetzung folgt ???