In der Presse #30
Land und Jüdische Gemeinschaft
über Staatsvertrag einig
26. Januar 2006

Verteilung von staatlichen Fördergeldern in Höhe von jährlich 1,1 Millionen Euro geregelt

Magdeburg/dpa. Sachsen-Anhalt und die jüdische Gemeinschaft im Land sind sich über den Text für einen neuen Staatsvertrag einig. Er regelt die Verteilung von staatlichen Fördergeldern in Höhe von jährlich 1,1 Millionen Euro und räumt dem Land mehr Prüfrechte bezüglich der Mittelverwendung ein. Wie das Kultusministerium am Donnerstag mitteilte, wurde das Vertragswerk vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden, den Jüdischen Gemeinden Dessau und Magdeburg sowie der Synagogengemeinde Halle paraphiert. Die Vertreter der Jüdischen Gemeinde Halle erschienen nicht zu dem Termin.

Nach Angaben von Kultusstaatssekretär Winfried Willems hat sich der Gemeindechef in Halle bisher geweigert, dem Land weitergehende Prüfrechte zuzugestehen. Daher ist auch noch unklar, wann der neue Staatsvertrag endgültig unterzeichnet, von Landesregierung und Landtag abgesegnet und schließlich in Kraft treten kann. Ziel des Landes sei es, die Sache noch vor der Landtagswahl am 26. März abzuschließen, sagte Willems.

Die Verhandlungen hatten vor acht Monaten mit dem Ziel begonnen, die Finanzierung der Jüdischen Gemeinden und ihres Landesverbandes zu reformieren und für mehr Transparenz und Wirtschaftlichkeit zu sorgen. 2002 hatte der Landesrechnungshof festgestellt, dass in den drei Gemeinden Halle, Magdeburg und Dessau und im Landesverband Fördergeld und Spenden nicht rechtmäßig verwendet wurden. Die Prüfer monierten dubiose Spesenabrechnungen, Scheinarbeitsverträge, Bürgschaften für Unternehmen und überhöhte Gehaltszahlungen.

Neue Kontrollmechanismen sollen nun dafür sorgen, dass sich derartiges nicht wiederholt. So ist vorgesehen, dass der Rechnungshof die Finanzen der jüdischen Gemeinschaft regelmäßig überprüfen darf. Zudem sollen Gemeinden und Verband künftig jährlich Geschäftsberichte sowie aussagefähige Haushalts- und Stellenpläne vorlegen. Für die Verteilung der 1,1 Millionen Euro ist ein neuer Schlüssel geplant, der auch die bisher nicht beteiligte Synagogengemeinde Halle sowie mögliche neue Gemeinden berücksichtigt.

Sollte die Jüdische Gemeinde Halle bei ihrer Ablehnung bleiben, bekommt sie nach Angaben von Willems früher oder später kein Geld mehr vom Land. In dem Fall werde das Land den alten Staatsvertrag von 1994 formell kündigen. Ein neuer Vertrag mit den anderen Teilen der jüdischen Gemeinschaft könne dann allerdings wegen bestimmter Fristen erst in etwa einem Jahr geschlossen werden.

Zur Jüdischen Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt gehören rund 1700 Menschen. Etwa 95 Prozent davon sind Einwanderer aus den ehemaligen GUS-Staaten. Die einzelnen Gemeinden sind untereinander teils völlig zerstritten. Sie tragen ihre Auseinandersetzungen auch über Gerichte aus.

Quelle:
Mitteldeutsche Zeitung - 26. Januar 2006

 

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